Der eigene Modedesigner sein und sich alle Wünsche auf den Leib schneidern lassen. Klingt unerschwinglich? Nicht in Hoi An (Vietnam). Von drei Geschäften sind hier gefühlt zwei Schneidereien. Die sich aller Wünsche gerne annehmen und dabei deutlich unter westlichen Preisen bleiben.

Doch der Modetraum hat seine Tücken. Nicht jeder von uns ist der geborene Designer und entwirft ein umwerfendes Modell. Vorstellung und Realität liegen oft auseinander.

Der erste Versuch: Voller Erfolg!

Wir hatten jedenfalls einigen Bedarf: Florian hat bis jetzt noch keinen richtigen Anzug, weil es mit seinen 1,98m schwierig ist, etwas Passendes von der Stange zu finden. Es ist entweder zu kurz oder zu breit und kostet trotzdem einen Haufen Geld. In Hoi An sollte es nun endlich anders laufen.

Nur wie denn Schneider aussuchen?  Ein  überzeugender Artikel von Travelfish hat uns sehr geholfen. Kernaussage: Bis auf vier Läden haben die meisten keine eigenen Schneider und die Verkäufer auch keine entsprechende Ausbildung. Sie beschäftigen Freelancer, die am Markt oder von zu Hause aus arbeiten. Das heißt derjenige, der das Kleidungsstück näht, sieht den Kunden nie persönlich und hört seine Änderungswünsche nur über den Verkäufer. Stille Post war aber noch nie ein wirkliches Erfolgskonzept.

Nur BeBe, A Dong Silk, Kimmy und Yaly sind groß genug, eine ganze Mannschaft eigener Schneider einzustellen. Diese werden bei jeder Anprobe hinzugezogen.

Wer nur wenig Zeit und Knowhow mitbringt, braucht also einen Gegenüber, der die eigene fehlende Erfahrung ausgleichen kann. Unsere Entscheidung fiel auf BeBe, nahe an unserem ersten Hotel gelegen.

Wir wurden nicht enttäuscht. Rose, die Verkäuferin, hat Florian kompetent und zügig durch den Entscheidungsprozess geführt und genau die richtigen Fragen gestellt. Schon bei der ersten Anprobe saß der Anzug bis auf kleine Änderungswünsche perfekt. Wir waren begeistert, auch wenn die Preise höher lagen als bei anderen Anbietern.

Der zweite Versuch: das genaue Gegenteil

Nach dieser ermutigenden Erfahrung beschloss Anne, sich ein Kleid und einen Blazer anfertigen zu lassen – allerdings in einem günstigeren Geschäft, um das Budget zu schonen.

Hier lief es dann nicht mehr so smooth ab. Auch wenn am Ende alles hauteng saß. Beim Auswahlprozess hatte ich nur ein paar Fotos aus dem Internet zur Hand und hoffte auf kompetente Unterstützung. Dabei ließ ich mich von dem netten Lächeln und dem ermutigenden “oh that would look good on you” einlullen. Die Frau im Laden hat mir das Gefühl gegeben, genau zu verstehen, was ich meine und als ob sie genau das jeden Tag schneidert.

Der Fehler: Ich habe meine eigenen Empfehlung nicht vertraut. Mir wurde keine einzige Frage gestellt und nur ein einziger Stoff zur Auswahl präsentiert. Ich hätte sofort gehen müssen, aber mit Kleinkind sind die Gelegenheiten, ungestört in ein Geschäft zu gehen, rar gesät. Theo hängt derzeit sehr an mir. Ich stimmte also einfach zu.

Das erste Ergebnis war enttäuschend. Das Kleid saß zwar passend, sah aber furchtbar aus. Kein bisschen wie auf den Bildern. Eher wie eine Schürze für wirklich alte Großmütter mit schlechtem Geschmack. Ich war fassungslos. Und das hat man mir wohl auch angesehen. “We can change it, it is easy?” war der Versuch der Verkäuferin, mich zu beruhigen. Vergeblich. Der Reißverschluss war nicht, wo ich ihn gerne gehabt hätte. Wir hatten es aber auch nicht ausdrücklich besprochen. Zu ändern ist das nun nicht mehr.

Es war mühsam, gegen ihre Beteuerungen, warum es so doch so besser (oder sowieso nicht zu ändern) sei, anzukommen. Im Ganzen keine schöne Erfahrung. Nachdem ich das Kleid zum dritten Mal anprobiert, alle Änderungen ausdiskutiert und ein paar Kompromisse geschlossen hatte, waren Kleid und Blazer endlich fertig. Echte Begeisterung könnte ich nicht mehr aufbringen, auch wenn alles zuletzt richtig gut passte.

Mit der richtigen Vorlage und detaillierten Vorstellungen kann man wahrscheinlich auch in solchen Läden, die die Herstellung outsourcen, ein akzeptables Ergebnis erzielen. Man muss nur eben jedes Detail kennen und am besten schriftlich festhalten. Außen- und Innenstoff, Art und Position des Reißverschluss oder Länge und Breite der Falten im Rock sind nur ein paar Beispiele. Mode zu entwerfen ist mehr, als ein vages Bild im Kopf zu haben. Vor allem erfordert es genügend Zeit, Geduld und den Willen, die eigenen Wünsche auch durchzusetzen..

Unsere Empfehlungen

Wenn Du wenig Zeit hast, dann gehe zu einem der vier Geschäfte mit eigenen Schneidern.
Anzüge sind Hoi An Brot und Butter. Wenn Du keinen speziellen Wunsch hast und Dir auch Anzüge von der Stange passen, kannst Du nicht viel falsch machen. Suche ein Geschäft aus, das den richtigen Anzug im Laden stehen hat und Verlage einfach denselben noch einmal.

Unproblematisch ist es auch, ein Kleid oder ähnliches einfach nochmal in anderem Stoff anzuzeigen. Kopieren ist einfach, solange man die richtige Vorlage hat.

Wenn Du etwas anderes als einen einfachen Anzug willst und ein kleines Budget hast, dann verwende viel Zeit darauf, das richtige Geschäft zu finden. Fragen, die im Verkaufsgespräch auf jeden Fall vorkommen sollten, lauten z.B.:

  • Welchen Stoff wünschst Du Dir innen und außen?
  • Wird Dir eine Auswahl an Stoffen vorgelegt?
  • Wo soll der Reißverschluss hin?
  • Welche Form hat der Rock, A, Teller oder Glocke?
  • Welche Knöpfe?
  • Wie breit dürfen die Falten im Rock werden?
  • Etc.

Wenn solche Fragen gar nicht angesprochen werden, dann sage Danke, lächle freundlich und gehe ins nächste Geschäft. Es gibt genügend Andere zur Auswahl. Bei der Beschreibung der eigenen Kleiderwünsche sagt ein Foto zwar mehr als tausend Worte, ist aber als einzige Vorlage nicht ausreichend.

Schuhe, Schuhe, Schuhe

Beim Schuhkauf kann weniger schief gehen. Die Schuhe kann man nämlich nur nach den Vorlagen im Geschäft auswählen. Die Farbe des Leders oder die Kombination ist allerdings wählbar.

Aber auch hier gibt es Grenzen. Die Sohlen sind in der Regel vorgefertigt, daher lassen Sie sich nicht beliebig verbreitern oder verschmälern. Wer also einen breiten oder schmalen Fuß hat, sollte auch direkt ein entsprechendes Modell aussuchen. Probleme, häufig auftreten wenn man Schuhe kauft (z.B. besonders breite Füße), kann man gleich im Vorfeld mit dem Verkäufer besprechen.

Genau wie der Anzug sollte auch der Schuh ausführlich getestet werden. Wiederum muss man auf allen Änderungen bestehen und darf sich nicht abwimmeln lassen. Unter diesen Bedingungen sollte es mit den maßgefertigten Schuhen eigentlich klappen. Florian hat bei Huê Kiêm (61 Nguyen Thai Hoc) gute Erfahrungen gemacht, gedauert hat es mit allen  Änderungen drei Tage.

Fazit

Ein Besuch in Hoi An ist eine günstige Gelegenheit für einen Besuch beim Schneider / Schuster. Man sollte aber nicht in bloße Schnäppchen-Jagd verfallen. Ohne Investition keine Qualität. Wer wenig Budget hat, sollte dafür umso mehr Zeit und Hartnäckigkeit, sowie genauere Vorstellungen mitbringen. Wir nehmen aus Hoi An Souvenirs mit, die wir auch wirklich brauchen können.

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