Diese Frage kriegen wir wohl am häufigsten gestellt. Hier deswegen die kurze Antwort: Ja, das geht. Jeder Mensch hat in Deutschland inzwischen Anspruch auf bis zu drei Jahre Elternzeit, sowie über ein Jahr Elterngeld. Da sind unsere fünf gemeinsamen Monate eigentlich gar nicht so viel. Die gönnen wir uns. Wann, wenn nicht jetzt?

Natürlich kostet das etwas. Aber diesen Preis zahlen wir gerne. Es ist letzten Endes alles eine Frage der Prioritäten: Mit Zeit kann man Geld verdienen, aber mit Geld kann man keine Zeit kaufen. Die Zeit  lässt sich nicht zurückbringen, die Zeit mit Theo als Kleinkind schon gar nicht.

Für alle (werdenden?) Mamas oder Papas, die das Fernweh bereits im ersten Absatz gepackt hat, haben wir ein paar Fakten zum Thema “Elternzeit und Elterngeld” zusammengestellt (ausführliche und verbindliche Informationen gibt es beim Bundesfamilienministerium):

Fakt 1: Beide Eltern haben drei Jahre Anspruch auf Elternzeit.

“Anspruch” heißt: Elternzeit wird angemeldet, nicht beantragt. Der Arbeitgeber wird informiert, nicht etwa gebeten. Er darf die Elternzeit weder verweigern, noch Druck ausüben, sie kurz zu halten. Zumindest dem Gesetz nach.

“Drei Jahre” heißt: in den ersten 36 Lebensmonaten des Kindes besteht der Anspruch auf jeden Fall; es kann aber auch ein Teil der Elternzeit in den Lebensabschnitt zwischen dem 3.und 8. Lebensjahr “verschoben” werden (12 Monaten bei Kindern, die vor dem 1.7.2015 geboren sind, bis zu 24 Monate für Kinder, die später geboren sind) – in diesem Fall braucht es allerdings die Zustimmung des Arbeitgebers.

“Beide Eltern” heißt: Beiden stehen jeweils 36 Monate zu. Die sie auch gleichzeitig beanspruchen können.

Fakt 2: Elternzeit ist unabhängig vom Elterngeld

Diese beiden Begriffe werden manchmal verwechselt. Elternzeit kann jeder Arbeitnehmer beanspruchen. Wie er sich finanziert, steht auf einem anderen Blatt. Angestellte sind jedenfalls während der Elternzeit weiter gesetzlich krankenversichert und bekommen (seit 1992) einen Entgeltpunkt pro Jahr in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Beamte und v.a. Selbständige haben es etwas schwerer, da sie die Beiträge zur privaten Krankenversicherung in voller Höhe weiter bezahlen müssen. (Wobei sich bei Beamten viele Dienstherren mit einem kleinen Obolus beteiligen).

Fakt 3: Elterngeld hängt vom Nettoeinkommen ab.

Wer in Elternzeit ist, kann währenddessen Elterngeld beantragen.Das Elterngeld beträgt 60 % vom letzten Nettoeinkommen, maximal 1800 Euro.

Hier wird wirklich nur das Nettoeinkommen berücksichtigt – darum ist für Ehepaare, die steuerlich gemeinsam veranlagt werden, eine Art legaler Trick möglich: Der Wechsel der Lohnsteuerklasse. Wenn Partner 1 mit weniger Einkommen zuerst in Elternzeit geht, kann er rechtzeitig zur Steuerklasse 3 wechseln und so sein Nettoeinkommen erhöhen. Das ist zwar kurzfristig ein Nachteil, weil Partner 2 mit dem höheren Einkommen jetzt Steuerklasse 5 hat und so sehr viel mehr Steuern zahlt. Alles das bekommen die beiden aber über den Lohnsteuerjahresausgleich wieder zurück. Das höher ausfallende Elterngeld für Partner 1 jedoch können sie behalten. Sobald Partner 1 in Elternzeit ist, kann die Steuerklasse wieder gewechselt werden. Zwar ist normalerweise nur ein Wechsel pro Kalenderjahr zulässig, allerdings sind gerade bei Beginn und Ende von Elternzeit Ausnahmen möglich. Also: Rechnen lohnt sich!

Bei Arbeitnehmern wird das Elterngeld vom durchschnittlichen Nettoeinkommen der 12 Monate vor der Geburt ausgehend berechnet, bei Selbständigen dagegen vom durchschnittlichen Einkommen im Kalenderjahr vor dem Geburtsjahr. Vorsicht, Falle: Wer laut Steuerbescheid irgendeine selbständige Tätigkeit ausgeübt hat, wird von der Elterngeldstelle automatisch als Selbständiger betrachtet, d.h. das Kalenderjahr vor dem Geburtsjahr ist ausschlaggebend. Das kann durchaus ein Nachteil sein, wenn das Einkommen dort niedriger war. Ärgerlich ist diese Regelung insbesondere, wenn die letzte selbständige Tätigkeit mehrere Jahre her ist und das Finanzamt seitdem einfach “Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit: 0 €” im Steuerbescheid aufführt. Auch dann gilt man ungewollt als Selbständiger, da die Elterngeldstelle ja nicht sehen kann / will, wieviel selbständige Arbeit hinter der Summe von 0 € tatsächlich steckt. Genau das ist Anne nämlich passiert, wodurch ihr beim ersten Elterngeldantrag beinahe ein größerer Nachteil entstanden wäre. Wir haben das Finanzamt einfach gebeten, einen neuen Steuerbescheid zu schicken, in dem der Posten “Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit” gestrichen wurde, da sie ja auch keine solche Tätigkeit in der Steuererklärung angegeben hatte.

Fakt 4: Elterngeld ist inzwischen flexibel einsetzbar

Während der Elternzeit stehen einem Elternteil max. 12 Monate Elterngeld zu, oder 14 Monate für beide Partner zusammen, wenn beide mindestens 2 Monate nehmen. Ein kleines Manko, das man leicht übersieht: Der Mutterschutz wird von den 12 Monaten in voller Höhe abgezogen.

Das verbleibende Elterngeld kann man inzwischen flexibel aufteilen. Das Zauberwort heißt “Elterngeld plus”: Aus einem Monat regulärem Elterngeld (“Basiselterngeld”) werden zwei Monate Elterngeld Plus. So kann man das Elterngeld über mehrere Jahre strecken. Bedingung: Ab dem 15. Lebensmonat des Kindes muss das Elterngeld Plus (aber kein Basiselterngeld mehr) durchgehend bezogen werden (wobei sich die Partner hier wieder abwechseln können).

Diese Regelungen sind eine doppelte Chance für uns.

  1. Wir nehmen fünf Monate gleichzeitig Elternzeit und haben so überhaupt die Chance, als Familie zu verreisen.
  2. Wir haben noch Elterngeldanspruch, obwohl Theo bei Reiseantritt bereits 16 Monate alt ist. In den ersten 16 Monaten haben wir nämlich fast kein Elterngeld beansprucht können nun noch auf über ein Jahr Elterngeld Plus zurückgreifen. Da der Bezug von Elterngeld nicht an den Aufenthalt in Deutschland gebunden ist, können wir das Elterngeld ohne Schwierigkeiten im Ausland beziehen – ein wichtiger Baustein zur Finanzierung unserer Reise.
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