Ja, ist schon klar: Als Eltern habt Ihr klare Vorstellungen, was gut für Eure Kinder ist. Und die setzt Ihr auch konsequent um. Solche Eltern sind wir ja auch.
Eigentlich.
Normalerweise.
Nur ist eine Weltreise eben nicht „normal“.
Sie ist aufregend und überraschend. Oft ist sie anstrengend und erschöpfend. Sie ist inspirierend und bereichernd. Aber ganz sicher ist sie eines nicht: normal. Es ist gerade ihr Zweck, unnormal zu sein.
Auf der Reise können deswegen die besten Vorsätze etwas aus der Spur geraten. Die folgenden Regelungen mussten wir während unserer Südostasien-Reise ein Stück weit aufweichen – oder unter Umständen ganz aufgeben.
1. Mein Kind braucht keine Medienbeschallung
Zu Hause darf Theo nur einmal am Tag vor dem Schlafengehen Sandmännchen gucken. Das fordert er auch als Teil des Abendrituals ein.
Seit wir unterwegs sind, guckt er immer noch Sandmännchen. Nur eben viel öfter.
Manche Tage sind ungewöhnlich schwer für ihn: Reisetage, an denen er lange auf dem Platz sitzen muss oder Tage, an denen er in fremder Umgebung krank ist. In solchen Situationen bricht bei ihm über kurz oder lang Ärger, Verzweiflung oder einfach Lagerkoller aus. Am Ende können wir ihn nur noch mit den Sandmännchen-Folgen beruhigen, die wir vorher in weiser Voraussicht aufs Handy heruntergeladen haben.
Die Kehrseite: Sobald Theo das Handy erblickt, beginnt er zu quengeln und will wieder fernsehen. Da hilft nur: Geräte konsequent wegpacken. Wenn er nicht darf, dürfen wir auch nicht. Abends vor dem Schlafengehen kann er aber auch Omas Videobotschaften über Whatsapp anschauen oder mit ihr skypen.
2. Mein Kind kriegt gesundes Essen ohne Zucker.
Dieser Vorsatz ist schwieriger umzusetzen, als wir gedacht hatten. Zwar gibt es in Südostasien Obst in Hülle und Fülle zu kaufen. Aber erstens nicht überall, zweitens in manchmal sehr wechselhafter Qualität und drittens ist Theo trotz Hunger ziemlich wählerisch. Ob Banane, Wassermelone oder keins von beidem seine Gunst findet, lässt sich schwer vorhersagen.
Süßkram wird dagegen in Südostasien an jeder Ecke angeboten und außerdem bedenkenlos an Kinder aller Altersgruppen verschenkt. Im Laden machen wir um diese Produkte meist einen großen Bogen. Um dann festzustellen, dass sowohl in den meisten Backwaren, als auch im unschuldig weiß aussehenden Joghurt doch wieder enorme Zuckermengen auf ihn warten. Und geschenkte Sūßwaren abzulehnen, kann in manchen Fällen unhöflich wirken.
Was bleibt also übrig? Wir haben eine Vorratspackung Haferflocken fürs Müsli dabei und versuchen, möglichst oft möglichst viel verschiedenes Brot und Obst zu besorgen. Bei Tisch isst Theo sowieso bei uns mit.
Mit genug Organisation kommen wir also einigermaßen um den Zucker herum. Aber leider eben längst nicht so oft, wie wir es uns wünschen. Zwischendurch findet dann doch immer wieder ein Cracker oder Keks den Weg in seinen Mund – flankiert von unserem schlechtem Gewissen.
3. Mein Kind wird nicht von Fremden fotografiert.
Ist ja auch furchtbar: Theos Bilder haben bei Fremden nichts verloren und landen am Ende bestimmt noch im Internet! In Deutschland ist es ja fast schon ein Affront, Leute einfach so auf offener Straße zu fotografieren, zumindest gilt es als unhöflich.
In Südostasien laufen die Uhren aber anders. Ein fröhlicher kleiner Blondschopf mit so strahlend blauen Augen wie Theo ist hier überall eine Attraktion. Oft haben die Menschen hier ein anderes Verhältnis zum Fotografieren von Kindern. Sie halten einfach drauf: Blondes Kind von vorne, Selfie mit blondem Kind, Selfie mit Freundin und blondem Kind, blondes Kind einfach hochnehmen, knuddeln und gemeinsam ablichten lassen. Genauso läuft das, vor allem in Vietnam. Kein Witz.
Als Eltern haben wir jetzt drei Optionen.
Erstens: Wir machen jedes Mal einen Aufstand und reden allen Leuten ins Gewissen, von wegen Datenschutz. Mühsam.
Zweitens: Wir verlassen das Haus nicht mehr und meiden so die Gefahr. Blöd.
Drittens: Wir nehmen es achselzuckend hin – und fotografieren unerschrocken zurück. Darauf läuft es meistens hinaus. Wenn wir einmal wirklich keinen Bock auf fremde Fotos haben, nehmen wir ihn aber auch von der einen oder anderen Kamera weg.
4. Mein Kind hat einen Tagesablauf mit festen Routinen.
Diese Richtlinie nehmen wir möglichst ernst, weil sie das Leben für alle leichter macht. Unser Tag richtet sich sowieso nach Theos Schlafrhythmus.
Schwierig sind allerdings Reisetage. Im Idealfall hält Theo zwei Stunden Mittagsschlaf und wir sitzen währenddessen im Bus, Boot oder Flieger. Leider hält er sich nicht immer an diesen Plan. Und wenn ein Flug sehr früh oder sehr spät geht – was wir nicht immer vermeiden können -, dann muss er da irgendwie durch. Und wir mit ihm… Was uns zurückbringt zu Regel 1.
5. Mein Kind bekommt kein Plastikspielzeug.
Nicht die schlechteste Regel. In Südostasien aber ziemlich unrealistisch. Plastik, so weit das Auge reicht. Viel Spaß beim Holz Sammeln!
Ernsthaft: Wenn wir unterwegs Spielzeug kaufen, würden wir jederzeit Holz bevorzugen. Aber wir haben nicht die Nerven oder die Zeit, danach zu suchen.
Vielleicht hat jemand von unseren reiseerfahrenen Leser_innen ein paar Tipps dazu? Und welche Erfahrungen macht Ihr auf der Reise mit Euren Vorsätzen zur Erziehung? Schreibt sie uns in die Kommentare!