Unser Trip durch Bali hat uns nur einen kleinen Ausschnitt aus der bunten Vielfalt der indonesischen Inseln gezeigt. Sozusagen als Gegenpol sind wir anschließend noch eine Weile durch Java gereist. Das einzige Reiseziel, dass dabei von Anfang an feststand, war Yogyakarta in Zentral-Java.

Diese Stadt, die Indonesiens historisches und religiöses Erbe sozusagen auf einem Fleck versammelt, konnten wir uns einfach nicht entgehen lassen. Auf dem Programm standen die geradezu erschlagend riesigen Tempel Borobudur und Prambanan, sowie der Palastkomplex des Sultans. Welcher Sultan? “Jogja”, wie die Stadt von ihren Einwohnern genannt wird, ist seit 1755 ein Sultanat und konnte diesen Sonderstatus durch seine Rolle im Widerstand gegen die niederländische Kolonialmacht bis heute erhalten.

An- und Abreise

Weite Busreisen durch Java gelten als nicht besonders angenehm, wir haben uns diese Erfahrung gespart. Wir sind per Flugzeug angereist und zuletzt mit der Eisenbahn bequem abgedüst.

Infrastruktur

Die Wege im Stadtzentrum sind ziemlich weit. Von unserem Hotel zum Sultanspalast konnten wir mit Theo gerade noch zu Fuß laufen, das war’s aber auch schon. Die allgegenwärtigen Fahrradtaxis und Motorradtaxis bringen einen aber für max. 30.000 IDR überall hin.

Gewöhnliche Auto-Taxis fahren in der Innenstadt alle nach Taxameter (leider nicht am Flughafen), zu sehr erschwinglichen Preisen. Zudem gibt es noch die modernen Transjogja-Busse, in denen man fürh sehr wenig Geld in jedes Stadtgebiet kommt – vorausgesetzt, man versteht das Streckennetz (s. u.). Die Tickets gibt es bei den gelben Transjogja-Haltestellen, die an den erhöhten Treppenzugängen zu erkennen sind.

Unterkunft

Im Neo Plus Awarma (Jl Mayjen Sutoyo) haben wir etwas über unserem eigentlichen Budget gelebt. Dafür bekamen wir nicht nur ein Zimmer mit modernem Standard, sondern vor allem ein hervorragendes Frühstücksbuffet mit vielen regionalen Spezialitäten. Eine wohltuende Abwechslung nach dem ewigen Einheitsfrühstück auf Bali.

Gleich um die Ecke sind außerdem die Straßen Prawirotaman 1 und 2, quasi das Backpacker-Viertel von Yogya mit Wäschereien, Tourenanbietern, Unterkünften, Cafés und (manchmal) günstigem Essen.

Einkaufen

Die städtische Flaniermeile heißt Jl Malioboro – auch für Nichtraucher leicht zu merken. Wahrscheinlich ist höchstens ein kleiner Teil der als “Batik” gelabelten Ware echte Batik. Was soll’s. Neben den nicht enden wollenden Klamottengeschäften gibt es eine mittelgroße Mall, einen Basar, Stände mit Essen und Getränken, Bänke und Straßenmusik. Hier haben wir es mit Theo eine ganze Weile ausgehalten. Und eine preiswerte Jeans in Florians (Über)Größe war auch noch drin.

Aktivitäten

Allein in der Umgebung von Yogyakarta kann man sich locker eine Woche lang beschäftigen. Da wären z. B. eine Fahrt auf den Vulkan Merapi, Höhlentrips und Wasser Rafting für Outdoor-Freunde oder einen Tagesausflug in die Batik-Hochburg Solo.

Aus Zeitgründen haben wir uns ziemlich beschränkt. Das Sono-Budoyo-Museum zum traditionellen javanischen Kunsthandwerk musste ebenso ausfallen wie Ausflüge in die zeitgenössische, äußerst  lebendige Kunstszene. Kleinkinder sind einfach selten Fans von Museen.

Die berühmtesten Highlights konnten wir trotzdem besuchen. Dazu im Folgenden ein paar Eindrücke und Erfahrungen:

Tag 1: Sehenswürdigkeiten in der Stadt

Im Kraton, dem historischen Sultanspalast, residiert noch heute der städtische Fürst, derzeit Hamengkubuwono X. Teile des Palastes sind der Öffentlichkeit zugänglich, einige Gehminuten von unserem Hotel entfernt. Erbaut wurden die Gebäude übrigens 1756, im Geburtsjahr Mozarts.

Zu sehen ist vor allem ein Museum mit einer Auswahl Devotionalien aus dem bewegten Leben seiner Hoheit: Kinderspielzeug, Tee-Services und so weiter. Sogar ein Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland, verliehen vom rührigen Präsidenten Heinrich Lübke, hat den Weg in die Sammlung gefunden.

Prädikat: Kann man machen, muss man aber nicht. Die täglichen (?) Aufführungen des fürstlichen Gamelan-Orchesters sind leider wegen des Fastenmonats Ramadan ausgefallen.

Deutlich bunter war es im Viertel Taman Sari, das ebenfalls zum ummauerten Komplex des Palastbezirks gehört. Der Wasserpalast lässt seine glorreichen Tage als fürstlicher Erholungsort mit wenig Phantasie erahnen. Wobei uns abblätternde Wandfarbe und Schimmelflächen eher an einige der Badezimmer erinnerten, mit denen wir uns in Indonesien bereits herumschlagen mussten.

Im kleinen Gassengewirr dahinter grenzen schmucke kleine Häuser an noch kleinere Läden und liebevoll gestaltetes Graffiti. Besonders aufregend ist eine kleine kreisförmige Katakombe, die zwischenzeitlich als Moschee genutzt wurde. Nicht zuletzt die Akustik ist interessant: Stimmen anderer Besucher können ganz nahe klingen, auch wenn niemand zu sehen ist.

Genau hier hat Theo allerdings endgültig die Entdeckerlust verlassen, darum mussten wir die weitere Stadttour abbrechen. Wir sind zur Jl Malioboro gefahren, wo er in einem Café schlafen konnte.

Tag 2: Borobudur

Der Borobudur ist eins der größten buddhistischen Heiligtümer überhaupt. Der riesige, pyramidenförmige Bau ist auch ohne den obligatorischen Sonnenaufgang im Hintergrund einfach überwältigend. Zumindest fast so überwältigend wie umgekehrt die Landschaft, wenn man sie von der höchsten Ebene des Tempels aus betrachtet.

Im Vorfeld wurde uns zwar dringend geraten, den Besuch auf eine möglichst frühe Uhrzeit zu legen, da erstens mit enormem Touristenaufkommen zu rechnen sei und sich der dunkle Steinbau in der Mittagssonne enorm aufheizt. Wir hatten aber Glück: Der Himmel war eher bedeckt und besonders viel los war vor Ort auch nicht (zumindest die Einheimischen unternehmen wahrscheinlich im laufenden Ramadan keine anstrengenden Tagestouren).

Den Guide ab 100.000 IDR sollte man sich auf jeden Fall leisten. Die subtile und vielschichtige Symbolik wäre uns sonst bestimmt entgangen. Jetzt wissen wir immerhin, dass die Zahl der Buddhastatuen auf jeder Ebene ein Vielfaches von Acht ist (gemäß dem achtfachen Pfad der buddhistischen Lehre), dass die vier Handhaltungen der Statuen nach Himmelsrichtungen geordnet sind und jeweils eine andere Bedeutung haben, dass die bildlichen Darstellungen auf der zweiten Ebene Szenen aus dem Leben Buddhas zeigen usw.

Nach dem Besuch auf dem Borobudur sind wir noch per Pferdekutsche ins nahe gelegene Mendut gefahren, wo in einem kleinen Tempel Javas größte Buddhastatue thront (3 Meter), benachbart von einem lauschigen Kloster.

Die Fahrt war dafür etwas kompliziert. Der Borobudur liegt über eine Stunde von Yogyakarta entfernt und die üblichen Tagestouren werden meist nur zum Sonnenaufgang oft -untergang angeboten. Für Theo ist beides eher ungünstig. Nach ein paar Internetrecherchen haben wir uns entschlossen, auf öffentliche Verkehrsmittel auszuweichen. Ab dem Jombor Busbahnhof fahren nämlich regelmäßig Busse für nur 25.000 IDR p. P.

Dieser Busbahnhof liegt aber ziemlich weit außerhalb der Stadt. Womit sich die Frage stellt: wie kommen wir da hin bzw von dort zurück? Das Motorradtaxi war auf dem Hinweg mit 30.000 IDR noch erstaunlich günstig. Auf dem Rückweg probierten wir die schneidigen Transjogja-Busse für läppische 3.500 IDR p. P. aus – und fielen damit ziemlich auf die Nase. Unterwegs lotste uns das stets hilfsbereite Personal in eine ganz andere Buslinie als anfänglich geplant, die Fahrt zog sich zudem endlos hin, was beim jüngsten Familienmitglied für enormen Unmut sorgte. Wir stiegen aus und suchten dann doch das nächste Motorradtaxi. Insgesamt eine lange Odyssee mit nur wenig Spar-Effekt.

Tag 3: Prambanan

Die nächste Tour folgte schon einen Tag später. Für Borobudur und Prambanan werden nämlich Kombitickets angeboten, die etwa 10 $ günstiger sind als zwei Einzeltickets, aber auch nur an zwei aufeinanderfolgenden Tagen gültig sind. Um uns das Leben leichter zu machen, besorgten wir nun doch einen Shuttle-Service, obwohl es auch eine öffentliche Verbindung per TransJogja-Bus zu geben scheint.

Die Haupttempel von Prambanan sind den hinduistischen Göttern Brahma, Vishnu und Shiva geweiht. Die menschlichen Besucher wimmeln zwischen den bis zu 47 Meter hohen Monumenten wie Ameisen hin und her. Die Tempel sind begehbar und hervorragend restauriert.

Wenige hundert Meter Fußweg weiter liegt die Stätte Candi Sewu, was übersetzt “tausend Tempel” bedeutet. In Wirklichkeit sind es zwar “nur” ein paar Hundert und nur wenige sind vollständig erhalten. Trotzdem hat man das Gefühl, in ein ganzes Meer aus Bauwerken einzutauchen.

Auf dem Gelände gibt es außerdem einen großen Spielplatz, der uns das Leben sehr erleichtert hat. So konnten wir uns bei der Besichtigung abwechseln, während der jeweils andere von uns mit Theo beim Spielen war.

Florian besuchte abends noch das Ramayana-Ballett nach der gleichnamigen indischen Sage, das regelmäßig auf dem Prambanan-Gelände aufgeführt wird. Geboten werden Tanz, Gamelan-Orchester, (etwas) Gesang, Lichteffekte und Nebelmaschine. Während sich bei den Tänzen, die wir auf Bali beobachten konnten, förmlich alle Gliedmaßen unabhängig voneinander bewegen, lebt das Ramayana Ballett von abgerundeten, schwungvollen Bewegungen des ganzen Körpers.

Tag 4: Village-Tour

Die Schönheiten der Landschaft in Zentral-Java erlebt man auf einer der vielen Fahrradtouren, die in der Region angeboten werden (z. B. auch rund um den Borobudur), ganz aus der Nähe. Florian hat einen Vormittag an der VillageTour (Anbieter: ViaVia) teilgenommen, die dem täglichen Leben und Auskommen der Landbevölkerung auf die Spur kommen will.

Der geneigte Tourist darf nicht nur zuschauen, sondern auch ein bisschen mit anpacken: Reis in den feuchten Boden setzen, Lehm aus dem Reisfeld zu Ziegeln formen etc.

Dem Glauben der Landbevölkerung zufolge hat die Schutzgöttin des Reisanbaus das Anpflanzen allein den Frauen vorbehalten. Die hier 80.000 IDR pro Tag verdienen können. Das sind etwas über 5 Euro. Wie lange  müssten sie Reis setzen, bis sie sich das iPhone leisten können, mit dem sie gerade fotografiert werden? Als Tourist beschleicht einen hier ein schlechtes Gewissen, zumindest ein ziemlich komisches Gefühl. Dieser Teil Indonesiens ist jetzt ganz nah und gleichzeitig so weit weg wie noch nie.

Fazit

Wir haben die Zeit in Yogyakarta sehr genossen. Einerseits gab es viel zu sehen, andererseits waren wir im Hotel prima untergebracht. Da wir vom nächsten Stopp, Bandung, eher enttäuscht waren, hätten wir im Rückblick betrachtet sogar noch länger bleiben können. Aber hinterher ist man ja bekanntlich immer klüger.

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