Nach zweieinhalb Wochen in Thailand führte uns unsere Reise weiter nach Vietnam. Da es hier nur zwei große internationale Flughäfen gibt, kann man Vietnam entweder von Norden nach Süden bereisen und startet dazu in der Hauptstadt Hanoi, oder umgekehrt, von Saigon aus. Wir haben uns für die erste Variante entschieden, um zuletzt von Saigon aus nach Kambodscha weiter zu reisen.

Im Folgenden tragen wie diejenigen Erfahrungen und Tipps zusammen, die wir vor unserem Hanoi-Besuch gerne selbst gelesen hätten. Wir haben uns durchgehend in der Altstadt einquartiert, wo das Stadtbild am schönsten ist und wo die meisten Sehenswürdigkeiten stehen.

Infrastruktur

Die Entfernungen in der Altstadt sind meist nicht allzu groß. Viele Ziele sind mit ein wenig Ausdauer zu Fuß erreichbar. Dabei braucht es aber etwas Geduld: Was fürs ungeübte Auge wie ein Bürgersteig aussieht, ist in Wahrheit eine lange Abstellfläche für Motorroller. Man muss also ständig auf den Straßenrand ausweichen und sich dabei in die berüchtigten Hanoi-typischen Motorroller-Strömungen einfūgen. Ampeln gelten vor allem für Autos, werden von vielen der Abermillionen Motorroller-Fahrern jedoch anscheinend eher als Straßendekoration interpretiert.

Da die Gehwege durchweg eng, vollgestellt und uneben sind, konnten wir Theo – anders als noch in Bangkok – kaum selber draußen laufen lassen und haben ihn die meiste Zeit getragen.

Faustregel: Auf der Straße niemals stehen bleiben oder die Richtung ändern. Das ist für die Mopeds zu unberechenbar. Stattdessen immer geradeaus auf der Linie bleiben, allenfalls langsamer oder schneller laufen.

An vielen Stellen bieten Fahrrad-Rikschas Touren durch die Stadt an. Nach unseren Tuk-Tuk-Erfahrungen in Bangkok hatten wir hierzu aber weder Lust noch Zeit und können darum nichts darüber sagen.

Die Taxis, mit denen wir gefahren sind, hatten alle ein laufendes Taxameter. In manchen Taxis scheint das Taxameter zwar l etwas schneller  zu laufen als in anderen. Trotzdem haben wir die rücksichtslose Abzocke, vor denen Vietnam-Reisende im Vorfeld manchmal gewarnt werden, hier nicht erlebt.

Als Taxi-Ersatz scheint die App Grab hier weiter verbreitet zu sein als Uber.

Busse fahren auch bis ins Old Quarter, wir haben aber keine gebraucht. Im Gegensatz zu Bangkok kennt Hanoi die Errungenschaft von Fahr- und Streckenplänen an der Bushaltestelle. Dazu gibt es – festhalten! – WLAN im Bus. Wäre das nicht mal eine Idee für das reiche Deutschland…?

Unterkunft

Das Old Quarter ist förmlich übersät mit Unterkünften aller Kategorien. Angebote der gehobenen (DZ 50-60 $) und der billigsten Kategorie (Bett ab 5 $) liegen oft nahezu benachbart. Die Ngõ Huyên Street in der Nähe der St.-Josephs-Kathedrale reiht ein Hostel neben das nächste und kann schon als kleines Backpacker-Zentrum gelten.

Empfehlenswert ist die Gegend rund um den Hoàn Kiêm See, an dem man sehr schön entlang spazieren kann. Wir haben die meiste Zeit im Hanoi Traveler Hostel in der Hang Manh Street gewohnt. Die Zimmerpreise sind moderat, der Besitzer versteht ganz gut Englisch und war außerordentlich hilfsbereit, als wir krankheitsbedingt für eine Weile außer Gefecht waren.

Die älteren Häuser im Old Quarter sind auffällig schmal, da die Grundstücke in der Kaiserzeit nicht nach Fläche, sondern nur nach ihrer Breite besteuert wurden. Dadurch gibt es in den meisten Hotels genau zwei Zimmer pro Stockwerk: eines mit Fenster zur Straße und eines, das ans hintere Nachbarhaus grenzt – also ohne Fenster!

Unsere ersten zwei Nächte in einem solchen Zimmer fanden wir ziemlich deprimierend, auch wenn es meist die billigere Wahl ist. In den gängigen Buchungs-Apps kann man “Zimmer mit Fenster” normalerweise nicht auswählen. Man sollte den Wunsch daher in die entsprechende Nachricht schreiben bzw im Zweifel das Zimmer der höheren Kategorie buchen.

Hier bewährt sich wie immer das Prinzip, nur zwei Nächte vorzubuchen und sich dann vor Ort ggf. neu zu orientieren.

Einkaufen

Die schmalen Häuser Im Old Quarter bieten keinen Platz für Supermärkte oder Einkaufszentren. Stattdessen wimmelt es vor Cafés, Botiquen, Suppenküchen, Kiosks, kleinen Ramschläden usw. Outdoorbekleidung gibt es sogar in Kindergrößen.

Für Reisende mit Kleinkind ist es gar nicht so einfach, den Bedarf an Windeln etc. zu decken. Denn die Läden, die die Artikel überhaupt führen (und zwar in der richtigen Größe), muss man überhaupt erst mal finden – und sich danach am besten gut merken. Ein Geschäft mit einer etwas breiteren Auswahl  an Babybedarf haben wir in der 33A Trân Hưng Đao gefunden.

Auf der Ostseite des Hoàn Kiêm See ist eine Post, die Pakete nach Deutschland zu moderaten Preisen auf dem Seeweg verschickt.

Medizinische Versorgung

Der Lonely Planet empfiehlt die Family Medical Practice. Diese Empfehlung können wir bestätigen: Sowohl bei Annes Rückenproblemen, als auch bei Theos Durchfall wurde uns dort kompetent geholfen. Es handelt sich um eine private Klinik, die Preise sind selbst für deutsche Verhältnisse gesalzen.

Allerdings haben wir, als für Anne zunächst ein MRT erstellt werden musste, auch einen Blick auf eine Versorgungsstation, die dem durchschnittlichen vietnamesischen Staatsbürger offen steht, geworfen. Sagen wir es so: Wir waren alle drei heilfroh, als wir da wieder raus waren.

Aktivitäten

Krankheitsbedingt konnten wir nur wenige der Sehenswürdigkeiten in Hanoi besuchen. Der beschauliche Literaturtempel, ursprünglich die älteste Universität des Landes (Quôć Tư Giám, gegründet 1076) und ein Hort der konfuzianischen Lehre, lädt zum Lustwandeln im gepflegten Garten ein. Schüler und Studenten beten dort heute noch für Erfolg bei wichtigen Prüfungen.

Eine wirklich grandiose Erfahrung war die kurze Stadttour mit Hanoi Kids. Dabei handelt es sich um eine gemeinnützige Organisation, die vietnamesische Studenten und ausländische Touristen zusammenbringt. Die Studenten trainieren ihr Englisch, indem sie interessierte Reisende durch Hanoi führen und mit vietnamesischen Traditionen bekannt machen. Die Tour ist kostenlos, man bezahlt lediglich die Eintritte, Taxis usw. Eine abschließende Spende an den Verein ist jedoch angebracht und sollte nicht zu knauserig ausfallen.

Es gibt vorgefertigte Tourvorschläge, man kann die Tour aber auch individuell vereinbaren. Wir hatten mit unseren beiden Guides nicht nur viel Spaß, sondern vor allem die seltene Chance, neben dem Land auch seine Bewohner persönlich näher kennen zu lernen. Wir können dieses tolle Angebot uneingeschränkt weiter empfehlen.

Der malerische Hoàn Kiêm See ist von einem kleinen Grünstreifen mit Gehwegen umgeben. Hier konnte Theo freier herumlaufen als im Straßenverkehr. Auf der Nordwesrseite stehen rostige Fitnessgeräte herum, an denen Vietnamesen auch fortgeschrittenen Alters nachmittags ein ordentliches Work-out starten.

Spielplätze zum Austoben für Kinder gibt es in Hanoi mehrere, allerdings außerhalb des Old Quarter (mind. 20 Minuten mit dem Taxi). Wir waren mit Theo einen halben Tag lang bei tiNI-World, die in verschiedenen Einkaufszentren im Stadtgebiet Indoor-Spielplätze mit Bällebad, Kletterstationen, Aiutosimulatoren usw betreiben. Es kreischt, blinkt und dröhnt von allen Seiten. Theo hatte seinen Spaß, aber wir Erwachsene fanden  die Cafés im Einkaufszentrum deutlich angenehmer.

Für alle drei entspannend war dagegen unser Ausflug in den Cong Vien Nghia Do Park. Neben Klettergerüsten und Schaukeln gibt es hier viele vietnamesische Familien, die einen kleinen Racker wie Theo schnell ins Herz schließen, mit ihm Ball spielen oder ihn mit Süßigkeiten überhäufen. Hier sind wir auch mit einigen jungen Vietnamesen ins Gespräch gekommen, die ganz neugierig auf die Europäer waren.

Tipps für Unternehmungen mit (auch älteren) Kindern in Hanoi hat das lesenswerte Blog 5AroundTheWorld zusammengetragen.

Essen

Das Streetfood in Hanoi ist nicht ganz so spektakulär wie in Bangkok, kann sich aber immer noch sehen (und schmecken) lassen. Ein wahrer Genuss ist jedenfalls die Pho Suppe, die an jeder Ecke in neuen Variationen angeboten wird. Frische Kräuter, gut gegartes, hauchdünn geschnittenes Fleisch und zarte Nudeln gerinnen zur dampfenden Sehnsucht, in  der warmen Schüssel ausgiebig zu baden und nie mehr raus zu kommen.

Vietnam ist inzwischen nach Brasilien der zweitgrößte Kaffeeproduzent der Welt. Daher erfreut sich Hanoi auch einer ausgeprägten Kaffeekultur. Dazu gehören nicht nur die vielen schnuckeligen Cafés, sondern auch die zahlreichen Kaffeeshops, die lokale Sorten in ganzen Bohnen anbieten.

Eine besondere Spezialität ist der Eierkaffee. Ein rohes Ei wird zu einer cremigen Masse aufgeschlagen und dann mit Kaffee übergossen. Es ist mit Abstand der cremigste aller Kaffees und er schmeckt hervorragend – sofern man die deutschen Salmonellenängste ablegen kann. (Es gibt übrigens auch Eierbier, das wir aber nicht ausprobieren wollten).

Auch der gewöhnlich zubereitete Kaffee ist in Hanois Cafés ganz vorzüglich. Trotzdem eine kleine Warnung: Der Zusatz “with milk” beschreibt in Wahrheit meist eine Kondensmilch mit einem Zuckeranteil von gefühlten 110%. Manche Cafés bieten ausdrücklich “fresh milk” an, in allen anderen Fällen muss man Zucker sehr mögen oder den Kaffee lieber schwarz trinken.

Die einfachen Sandwiches, die man an vielen Ecken kaufen kann, sind ein ebenso leckerer wie günstiger (deutlich unter 1€) Happen für zwischendurch. Das braune Gebäck, das mehrere herumirrende Straßenverkäuferinnen ahnungslosen Touristen andrehen, schmeckt dagegen wie fettige Pappe.

Abreise

Von Hanoi aus kann man Vietnam mit dem Bus, dem Zug oder dem Flugzeug weiter bereisen. Tickets bekommt man im Reisebüro. Ein Reisebüro findet man im Old Quarter, indem man maximal 40 Meter geradeaus läuft. Sie sind hier wirklich überall.

Der Luftweg ist natürlich der praktischste, wenn man es eilig hat. Der Bus war für uns keine wirkliche Option: Reisebusse sind nicht besonders kleinkinderfreundlich und Theo fährt auch nicht gerne Bus. Es gibt auch Nachtbusse, aber die wollten wir Anne noch ziemlich gestresstem Rücken nicht zumuten.

Bleibt also noch der Zug, der parallel zur Küste nach Saigon fährt und dabei auch in Hué und Hoi An hält, die ebenfalls auf unserer Route liegen.  Man kann morgens losfahren und dann stundenlang die Landschaft begutachten oder aber abends den Nachtzug nehmen und sich so eine Hotelūbernachtung sparen. Es gibt drei Klassen: Großraumabteile aus unbequemen Holzsitzen, sowie Liegeabteile mit sechs harten bzw vier weichen Liegen. Die letzte Variante, die Reisenden als Komfortabelste empfohlen wird, haben wir für unsere Fahrt nach Đông Hôi auch gewählt.

Gerade der Nachtzug ist allerdings oft schon mehrere Tage im Voraus nahezu ausgebucht, insbesondere die Viererabteile. Hierzu zwei Tipps:

  1. Auf der Webseite der Bahngesellschaft kann man im Vorfeld sehr genau recherchieren, in welchem Zug und welchem Abteil noch welcher Platz frei ist. Mit dieser Information kann man die Tickets auch selbst beim Bahnhof kaufen.
  2. Die Reisebüros suchen meistens nur für  einen Zug (in unserem Fall war es der um 20.10) nach Plätzen. Wenn man  explizit danach fragt, beziehen sie auch andere Verbindungen (die man z. B. vorher selbst herausgesucht hat, siehe 1.) mit ein, was die Trefferchance deutlich erhöht.

Fazit

Hanois Altstadt versprüht ihren ganz eigenen Charme, man kann sich lange durch kleine Gassen treiben lassen und sich in den 1001 Kleiderbotiquen geradezu verlieren. Allein die Suppenküchen sind die Reise wert, 3-4 Tage kann man hier (auch mit Kind) bestens rumkriegen.

#Hanoi by Night

Ein Beitrag geteilt von Anne Kraemer (@familieimreisemodus) am

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